Padel-Tennis: Rückenschmerzen und Schlägersportarten - Geht das unter einen Hut?

Faszination Padeltennis.

Der Schlägersport hat jetzt auch Österreich voll in seinen Bann gezogen. Doch wie ist der Funsport aus Sicht unseres Bewegungsapparates zu betrachten - und im Vergleich mit anderen Schlägersportarten?

Wir schreiben das Jahr 2020. Es ist Sommer. Die acht Padelplätze in der Meierei-Straße in Wien warten darauf, bespielt zu werden (https://www.padel-beachsport.at). Lange dauert das nicht. Schon am frühen Morgen treffen Ausprobierer, Hobby- und Spitzenathleten ein. Wärmen sich auf, kämpfen um jeden Punkt, während die ersten Sonnenstrahlen die vier nagelneuen Plätze erstrahlen lassen, die - wie auch die vier ersterbauten - nach internationalen Turnierstandards entworfen worden sind. Eigentlich ein typischer Tag für einen Ausflug an den See, zum Abkühlen in der Donau - doch dies tut dem Ansturm auf die derzeit wohl beliebteste Sportart im Land keinen Abbruch.

Reges Treiben auf allen acht Plätzen. Wohin man blickt sind lachende Gesichter. Selbst den Ehrgeizigsten sieht man die Freude am „Padeln“ in jeder Sekunde, bei jedem Schlag mit den handlichen Carbonschlägern an. Auf der Padelanlage im Prater trifft man auch regelmäßig auf sehr entspannte Prominenz, wie Viktor Gernot, Dominik Thiem oder Marc Janko.

Das Geheimrezept dieser Sportart ist zweifelsohne der leichte Einstieg ins Spielgeschehen. Selbst für absolute Schlägersport-Rookies stellt sich der Spaß schon nach wenigen Minuten ein. Wer einmal das tennisballähnliche Fluggerät übers Netz und gegen die charakteristischen Plexiglaswände befördert hat, erliegt schnell der „Padelsucht“. Das Ambiente mitten im Grün der Praterallee trägt das Seine zur Faszination bei.

Doch (wie) spielt sich Padel mit Bandscheibenvorfällen und anderen Gelenkswidrigkeiten?

Die Antwort: In meinem Fall, erstaunlich gut. 😊

Die wissenschaftlichere Version: Padel ist den Stop-and-Go-Sportarten zuzuordnen, die dem Körper, vor allem den Gelenken - angefangen beim Sprunggelenk über Knie, Hüfte und Wirbelsäule - bekanntlich einiges abverlangen. Sie sollten also in einem sporttauglichen Zustand sein, um selbstredend diese SPORTarten ausüben zu können. Doch wie weiß man, ob man in einem solchen ist? Bei Vorerkrankungen kann ein Sportarzt hilfreich sein, um die Tauglichkeit festzustellen. Im Zweifelsfall einfach einen Selbstversuch wagen. Erlauben Sie einen Vergleich: Man möchte meinen, ein Schiff hält sich am längsten im Hafen. Fest steht aber: Für die See wurde es gebaut.

So halten es zumindest jene Menschen, deren Gene auf Sport „programmiert” sind. Es gilt nur, das richtige Maß zu finden. Speziell auf den Rücken übertragen: Immer nur im Hafen (alias Bett, Couch) zu liegen, wird die Schmerzen im Rückgrat nicht beseitigen. So belegen auch zahlreiche Studien, dem Rückenschmerz ist am besten mit Bewegung zu begegnen. Bettruhe und Bewegungsvermeidung, werden nicht empfohlen (hier geht es zum Blogartikel Rückenschmerzen: Wird falsch therapiert?).

Apropos Bewegung. Lassen Sie uns an dieser Stelle die Belastungsprofile einiger der gängigsten Schläger-Sportarten analysieren. Dem Padeltennis ähnelt auf den ersten Blick natürlich das klassische Tennis.

Tennis - Höchste Belastung bei höchster Eleganz

Eine der höchsten und kritischsten Belastungen tritt beim klassischen Tennis beim Aufschlag auf. Bei der Sportart, deren Eleganz und Bewegungsästhetik immer wieder hoch gelobt werden, werden höchste Kräfte frei. Genauer gesagt: Im Inneren der Schulter wurden bereits Winkelgeschwindigkeiten von durchschnittlich 200 Grad/s ermittelt - bis hin zu Spitzengeschwindigkeiten von 1700 Grad/s. Auf volle Schulterrotationen umgerechnet wären das bis zu fünf Umdrehungen pro Sekunde mit ausgestrecktem Arm.

Klingt brutal, muss es aber nicht sein: Wie der orthopädische Chirurg William Ben Kibler schon 1995 im “Clin Sports Med” festgehalten hat (2007 gründete er in Kentucky, USA, ein Schulterzentrum), entstehen bei entsprechend trainierter Muskulatur trotz dieser massiven Geschwindigkeiten und Beschleunigungen nur geringe Gelenksbelastungen. Wie gesagt: nur bei sehr gut - und damit sportartspezifisch - trainierter Muskulatur. Der Grund: Die Energiebereitstellung erfolgt zu 51 Prozent durch Hüfte und Rumpf. Die Schulter selbst generiert nur 13 Prozent der Kraft.

Wie wichtig im Sport die Technik ist, macht Kibler, der im Juni 2020 nach 43 Jahren aus der Lexinton Klinik für Orthopädie ausgeschieden ist, auch deutlich, wenn er folgendes Bild zeichnet: Wird die Service-Bewegung nicht aus den Beinen unterstützt - im Speziellen, wenn keine ausreichende Knieflexion im Bewegungsablauf erfolgt -, erhöht sich die Belastung der Schulter um 23 Prozent, jene im Ellbogen um 27 Prozent.

Die Wirbelsäule wird beim Tennis durch hohe Torsions-, Hyperextensions- und Flexionskräfte belastet. Bandscheiben- und Facettengelenksveränderungen könnten in der Folge muskulären Dysbalancen geschuldet sein. Eine wiederholte Belastung des Pars interarticularis des Wirbelbogens könnte bei letzterem zu Stressfrakturen führen. In diese Richtung weist auch die Meta-Studie “Sport als Schädigungsfaktor für die Wirbelsäule” aus dem Jahr 2017. In ihr wird mitunter die Erhebung von Nina Hjelm, Suzanne Werner und Per Renstrom erwähnt, derzufolge bei tennisspielenden Jugendlichen ein erhöhtes Risiko vorliegt, an Rückenschmerzen zu leiden.

Allerdings: Absolute Sicherheit gibt es nicht. So widerlegen neuere Studien (exemplarisch sei die Arbeit von Zaina und Co., “Tennis is not dangerous for the spine during growth”, aus dem Jahr 2016 angeführt) zum Teil das erhöhte Risiko für Wirbelsäulenschäden.

Die Beispiele machen deutlich: Unser Körper funktioniert als Gesamtsystem. Die kinetischen Ketten müssen hervorragend arbeiten, damit Spitzenbelastungen in unseren Gelenken abgeleitet werden können bzw. am besten gar nicht erst auftreten. Die intra- und intermuskuläre Kommunikation ist entscheidend. Dafür braucht es hochspezifisches Training und intelligente Trainingsmodelle.

Badminton - Tennis für Anfänger? Weit gefehlt!

Ein Badmintonschläger wiegt gerade einmal 90 Gramm, ein Federball federleichte fünf Gramm. Das muss doch weniger belastend sein als das Spiel mit Tennisschläger und Filzkugel - oder? Der Vergleich eines Herren-Wimbledon-Endspiels im Tennis mit einem Herren-Weltmeisterschafts-Finale im Badminton - durchgeführt einerseits von Wolfgang Bochow, andererseits von R. Stanton Hales - brachte folgende spannende Erkenntnisse:

Badminton vs Tennis:

  • Pro Ballwechsel viermal so viele Schläge im Badminton.

  • Effektive Spielzeit pro Badminton-Match von 40 bis 50 Prozent (Tennis: zehn Prozent).

  • Die Laufarbeit ist beim Badminton in etwa dreimal höher als im Tennis.

  • Spitzengeschwindigkeiten des Federballs von über 300km/h vs. 230km/h im Tennis (Freibad-Federball-Spieler werden das nur ungläubig lesen.)

Zu den Spezifika des Federballs gehört, dass er extreme Tempowechsel zulässt: Ein Aufeinanderfolgen von Smash-Stoppball-Clear-Smash-Stoppball etc. ist ansatzlos möglich – dies erfordert aber extreme Richtungswechsel und enorme Beinarbeit von den Protagonisten. Dies macht Badminton zu einer der höchst belastenden Sportarten.

Die häufigsten Verletzungen betreffen die untere Extremität. Die Fallzahlen schwanken je nach Literatur von 58 bis 72 Prozent. Der Rumpf wird in zehn Prozent der Fälle Opfer von Überbeanspruchung, 20 bis 30 Prozent der Verletzungen betreffen die Arme. Im Bereich der Beine sind vor allem die Knie mit all ihren charakteristischen Verletzungsprofilen (Bänder, Meniskus, Knorpel) am häufigsten betroffen.

Wirbelsäulenveränderungen sind in der Regel nicht den Belastungsprofilen zuordenbar. Doch wiesen Uffe Jorgensen und Soren Wing schon Ende der 1980er daraufhin, dass ein Bandscheibenvorfall eines jugendlichen Leistungsspielers in Kombination mit einer Spondylolyse (vereinfacht gesagt, ein Riss oder Spalt im Wirbelbogen) mit einhergehender Spondylolisthesis (auch Wirbelgleiten genannt) mit Badminton in Zusammenhang stehen könnte.

Zurück zum Padeltennis (Padel):

Padeltennis; Rückenschmerzen; Christoph Krenn; Viktor Gernot; Stephan Eitler

Padel bringt die unterschiedlichsten Beruf(e)ungen, zusammen an einen Platz.

(Foto: Christoph Krenn, Viktor Gernot und meine Wenigkeit)

Im Vergleich zu Tennis und Badminton zeigen sich doch einige positive Unterschiede, wenn es um die körperliche Belastung geht. Vorneweg sei aber unumwunden gesagt: Padel im Grenzbereich wird Sie genauso “zerstören” wie jeder andere Stop-and-Go-Sport auch.

Vielleicht ein wenig langsamer. 😊

Aber genau hier kann ich, als selbst aktiver Spieler und ehemaliger Rückenpatient, einhaken. Padel lässt sich auch im belastungsarmen Bereich wirklich gut spielen und macht dabei richtig Spaß. Anders als beim Tennis wird das Service nicht von oben voll durchgezogen, sondern das Regelwerk schreibt einen Aufschlag von unterhalb der Gürtellinie vor. Die Spitzenbelastung beim Ins-Spiel-Bringen des Balles fällt damit schon einmal weg.

Der Padelplatz ist kleiner als ein Tennisfeld und es wird nur im Doppel-Modus gespielt. Das heißt, bei geschickter Feldaufteilung zwischen den Spielern, kann auch mit moderater Laufarbeit ein Sieg geholt werden. Der Boden ist freilich nicht aus Watte, aber dennoch deutlich weicher als ein Badmintonplatz. Sprünge, wie sie im Badminton laufend vorkommen, sind selten nötig, da der Ball ohnehin von der Plexiglasscheibe wieder zurück ins Spiel kommt. Wie gesagt, auf Topniveau ist dann von “belastungsarm” keine Rede mehr und Sprünge und andere akrobatische Einlagen nehmen an Häufigkeit deutlich zu.

Der Padelschläger ist deutlich kürzer als z.B. ein Tennisschläger. Dadurch reduzieren sich die Hebelkräfte auf Handgelenke, Ellbogen, Schulter und den Rumpf. Anders ausgedrückt: Die taktisch kluge Platzierung des Balles ist gefragter als brachiale Gewalt. Beobachtet man Dominik Thiem, inzwischen auch ein begeisterter Hobby-Padel-Spieler, und vergleicht sein Spiel mit jenem am Tennisplatz, wird die reduzierte Dynamik in den Schlägen deutlich sichtbar. Es ist daher zu erwarten, dass beim Padeltennis weniger Verletzungen auftreten werden. Eine Antwort darauf, ob diese Aussage so haltbar ist, wird die aufstrebende Sportart in den nächsten Jahren selbst liefern.   

Wie bereits erwähnt, ist Padel keineswegs ein belastungsarmer Sport und wer sich, etwa auf YouTube, Videos von Spielen auf Top-Niveau anschaut, wird das schnell erkennen. Jedoch ist es möglich, diesen Sport auch bei geringer Belastung - ohne den Verlust an Spielspaß - auszuüben. Die Startschwelle - wie vielfache Beobachtungen zeigen – ist für Anfänger deutlich geringer als beim Tennis, Badminton oder anderen Schlägersportarten. Das ist wohl das ausschlaggebende Kriterium, warum Alt und Jung, Frau und Mann, sich neuerdings immer öfter zum Padeln verabreden.

Weiterführende Infos zum Padeltennis gibt es u.a. hier:

Österreichs Nummer 1-Duo: Christoph Krenn / David Alten >>>

https://www.facebook.com/teamkrennalten

https://www.playpadel.at/academy

https://www.padel-beachsport.at

https://www.padeltennis.at/




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LITERATURHINWEISE         

William Ben Kibler (1995): Biomechanical analysis of the shoulder during tennis activities.Clin Sports Med 14[1]: S.79–85

Karin Pieber (2017): Sport als Schädigungsfaktor für die Wirbelsäule. Manuelle Medizin 2018, 56,  Springer Medizin Verlag. S. 67–70 (online publiziert am 29.11.2017): https://doi.org/10.1007/s00337-017-0346-5

Nina Hjelm, Suzanne Werner, Per Renstrom (2010): Injury profile in junior tennis players: a prospective two year study. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 18. S.845–850

Fabio Zaina, Sabrina Donzelli, Monia Lusini, Claudia Fusco, Salvatore Minnella, Stefano Negrini (2016): Tennis is not dangerous for the spine during growth: results of a cross-sectional study. EurSpineJ 25: S.2938–2944

Wolfgang Bochow (1989): Badminton optimieren. Cwalina, Ahrensburg

R. Stanton Hales (1985): Badminton for everyone. World Badminton 13 (4): 33

Uffe Jorgensen, Soren Winge (1987): Epidemiology of Badminton Injuries. Int J Sports. Med 8: S.379–382

Uffe Jorgensen, Soren Winge (1990): Injuries in Badminton. Sports Med 10: S.59–64

kraftvolle Grüße,

Dipl.Ing.(FH)

Stephan Eitler, MSc

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